CLP Interviewreihe: Georg F. Fisch, LL.M.

Wo können Juristen von einer Coachingausbildung profitieren?
Und an welchem Punkt ihrer Karriere finden diese selbst zum Coaching?
Georg R. Fisch, Jurist und zertifizierter (Legal) Coach im Interview bei CLP.

Georg R. Fisch, LL.M. ist nach einer mehr als 20-jährigen Karriere als Inhouse Legal Counsel (Syndikusrechtsanwalt) in amerikanischen IT Unternehmen seit 2016 hauptberuflich als Coach und Berater vor allem für Führungskräfte und deren Teams und Organisationen international tätig. Er fokussiert sich in seiner Arbeit u.a. auf die Themen Leadership Development und Change Management.

Seine juristischen Staatsexamina hat Herr Fisch in Baden-Württemberg, seinen Master of Laws in den USA absolviert. Als Coach wurde Georg Fisch u.a. durch das Co-Active Training Institute (CTI) und Center for Right Relationship (CRR Global) zertifiziert.

Georg Fisch lebt im südlichen Baden vor den Toren von Freiburg. Er ist verheiratet, sammelt Kochbücher und träumt neben der Deutschen Meisterschaft des SC Freiburg vom eigenen kleinen Weingut im Kaiserstuhl.

1. Wann haben Sie sich zum ersten Mal mit Coaching beschäftigt und warum? Was hat Sie daran besonders fasziniert?

Mir wurde im Laufe meiner Karriere als Führungskraft und von Führungskräften oftmals deutlich vor Augen geführt, dass fachliche Qualifikationen alleine nicht ausreichten, um persönliche Transformationen bzw. kritische Veränderungen in Teams und Organisationen wirklich erfolgreich gestalten zu können.

Ein firmeninternes Trainingsprogramm hat mich 2007 zum ersten Mal mit Coaching in Berührung gebracht. Themen u.a. wie die Entwicklung von Führungskompetenzen, Mitarbeiterführung, Leitung von Veränderungsprozessen, Konfliktmanagement sowie Teamkultur und -visionsentwicklung ließen sich von da an durch die Anwendung von Coaching Techniken und Tools effizienter und praktikabler gestalten. Zusätzlich zur juristischen Arbeit habe ich bis zu meinem Ausscheiden in 2016 als Mitglied eines Coaches-Pool regelmäßig Einzelpersonen und Teams firmenintern gecoached. 

Meine Faszination am Coaching hängt mit dem uneingeschränkten Fokus auf den Menschen zusammen. Der berühmte „Cornerstone“ des Co-Active Coaching Models „People are Naturally Creative, Resourceful and Whole” hat meinen Werdegang als Coach von Anfang geprägt. Als Coach begleite ich meine Coachees dabei, ihre persönlichen Ziele zu entdecken und ideale Lösungen für diese zu entwickeln. Wir fokussieren uns hierbei auf die jedem Menschen innewohnende persönliche Kreativität, seine individuelle Resourcen und persönlichen Potentiale.

2. Worauf haben Sie persönlich beim Erlernen von Coaching besonders geachtet?

Ich habe meine Coaching Ausbildungen immer wieder an Kriterien ausgerichtet, die eng mit meiner Zielgruppe aber auch meiner eigenen persönlichen Transformation zusammenhingen:

  • Internationalität (ein Großteil meiner Trainings fand auf Englisch statt)
  • Praxis vor Theorie (konstante Übung/Anwendung des Erlernten und Supervision)
  • Authentizität und (internationale) Erfahrung der Ausbilder
  • Erlernen von Skills, die meine persönliche Weiterentwicklung als Coach fördern (weniger analytisch, technisch, „typisch juristisch“, mehr empathisch, zuhörend, beobachtend)

3. Was hat sich für Sie nach Ihrer Coachingausbildung in Ihrer juristischen Tätigkeit verändert? Welche Reaktionen haben Sie von Kollegen, Mitarbeitern und Klienten erhalten?

Meine Erfahrungen als „Inhouse Coach“ waren in der Zusammenarbeit mit Juristen oftmals geprägt von der anwaltlichen Skepsis und den allseits bekannten Vorbehalten gegenüber Coaching. Wer Coaching in Anspruch nahm, dem war kaum mehr zu helfen – so das oftmals gängige Feedback aus den einschlägigen Kreisen.

Über die Jahre hinweg hat die Coachingausbildung und das praktische Coaching im Unternehmen dann bei mir dazu geführt, dass ich mich letztlich vom Anwaltsberuf verabschiedet und Ende 2016 als Coach selbständig gemacht habe. Seitdem arbeiten mein Team und ich international mit Einzelpersonen, Teams und Organisationen zusammen.

Interessanterweise verzeichnen wir aktuell in 2023 einen konstanten Anstieg von „juristischen Mandaten“. Die jahrelange Skepsis in Kanzleien und Rechtsabteilungen gegenüber Coaching scheint immer mehr dem Bewusstsein zu weichen, dass Coaching die persönliche Weiterentwicklung bzw. team- und organisationsrelevante Veränderungsprozesse maßgeblich fördern und unterstützen kann. Wenig überraschend dürfte hierbei sein, dass es vor allem die Jüngeren sind, die sich dem Thema Coaching mit viel Neugier und großer Begeisterung nähern.

4. Wozu setzen Sie Coaching heute in Ihrer beruflichen Situation ein?

Ich coache heute hauptberuflich und dies täglich – Einzelpersonen bzw. Teams und Organisationen. Neben Einzel Coaching, das zu 80% virtuell per Videokonferenz stattfindet, leite ich regelmäßig Workshops vor Ort bei Kunden im Bereich Team und Organisationsentwicklung.

Wiederkehrende Themen im juristischen Umfeld sind u.a. „Beziehungs“-/Team-Coaching über Kanzleihierarchien hinweg; Visions- und Werteentwicklung in Kanzleiteams bzw. Rechtsabteilungen, Weiterentwicklung von Führungskompetenzen auf Partner- bzw. Abteilungsleitungsebene sowie z.B. auch die Unterstützung bei der „Teamwerdung“ von Personalabteilungen in Kanzleien.

5.  Wie hoch schätzen Sie insgesamt die Relevanz von Coaching oder Coachingausbildungen für Juristen ein? Wie nehmen Sie die Entwicklungstendenzen wahr?

Zweifelsohne würde Juristen Coaching bzw. Coachingausbildungen persönlich bzw. im Team oder einer Organisation sehr gut tun. Und dies oftmals sicherlich mehr als anderen Berufszweigen, die sich der Weiterentwicklung von persönlichen und damit fachfremden Kompetenzen und Fähigkeiten vielleicht mit weniger Skepsis nähern.

Davon unabhängig können wir aber alle von einer konstanten Weiterentwicklung der sogenannten Softskills (mir gefällt der Begriff „interpersonal Skills“ wesentlich besser) durch Coaching profitieren. Geht es doch letztlich um uns als den Menschen selbst, der empathisch, authentisch, innerlich ausgeglichen und reflektiert mit anderen Menschen zusammenarbeitet, diesen zuhört, sie fördert (und fordert), gemeinsam Werte und Visionen entwickelt und sie auf eine Art und Weise führt, dass sie die beste Version ihres „Ichs“ einbringen und zur Entfaltung bringen können.

Die o.g. aktuellen Entwicklungen auf Mandatsebene stimmen mich zum heutigen Zeitpunkt zuversichtlich, dass sich immer mehr Juristen von der positiven Wirkung von Coaching überzeugen und sich auf dieses einlassen werden. Insofern: Tendenz steigend!

Ihr persönliches Fazit:

„Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“ - Henry Ford

Was für Coachees gilt, gilt auch für uns Coaches. Wozu wir unsere Coachees auffordern, sollten wir selbst auch persönlich regelmäßig pflegen: Persönliche Reflexion, Bewusstsein eigener Verhaltensweisen, Hinterfragen der eigenen Positionen, Bereitschaft zur Veränderung und Weiterentwicklung und letztlich auch die Zusammenarbeit mit einem Coach 😊.

Vielen herzlichen Dank.

Freuen Sie sich auf weitere (Legal) Coaches und lassen Sie sich inspirieren!

Mehr zu Georg R. Fisch finden Sie hier:

https://www.linkedin.com/in/georg-r-fisch-ab0886/

https://www.fischandfriends.com/

Mehr zu (Legal) Coaching finden Sie hier.

Finden Sie Ihren Legal Coach im Legal Coach Finder.