CLP Interviewreihe: Legal Coaches
Wie können Juristen von einer Coachingausbildung profitieren?
Und wo genau kommt (Legal) Coaching in der juristischen Praxis zum Einsatz?
Alexandra Maximini, Syndikusanwältin beim Flughafen Düsseldorf und (Legal) Coach im Interview bei CLP.
Alexandra Maximini ist Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin), Anwaltmediatorin (DAA) und Legal Coach. Sie ist bei der Flughafen Düsseldorf GmbH beschäftigt und deckt dort aus dem Bereich HR heraus die konzerninterne anwaltliche Beratung zu dem gesamten Spektrum des Arbeitsrechts ab. In ihrer Freizeit erkundet sie als Sporttaucherin die heimischen und internationalen Gewässer.
1.Wann haben Sie sich zum ersten Mal mit Coaching beschäftigt und warum? Was hat Sie daran besonders fasziniert?
Der Auslöser für eine intensive Beschäftigung mit dem Thema Coaching und seiner Wirksamkeit im Legal-Kontext war ein Sachverhalt in meinem beruflichen Umfeld.
Ein bereits länger schwelender Konflikt zwischen meinem Arbeitgeber und einer Person aus meinem unmittelbaren Kollegenkreis sollte durch eine einvernehmliche Trennung sein Ende finden. Dieses Ergebnis konnte durch Hinzutreten einer Anwaltskollegin mit Coachingausbildung auf der Gegenseite innerhalb kürzester Zeit erreicht werden. Neben der fundierten arbeitsrechtlichen Beratung erfolgte offensichtlich eine Aktivierung der Ressourcen, ein Auflösen der bisherigen Widerstände gegen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und das Ausarbeiten einer neuen Perspektive.
Mich hat damals fasziniert, dass ein langwieriger arbeitsrechtlicher Sachverhalt durch die Unterstützung einer coachenden Rechtsanwältin eine ganz neue Dynamik annehmen konnte. Diese Faszination besteht bis heute und lässt mich seit meiner abgeschlossenen Ausbildung als Legal Coach / Business Coach in jeder anwaltlichen Beratung innehalten und hinterfragen, ob es neben der arbeitsrechtlichen Lösung noch weiterer Unterstützung(en) bedarf.
2. Worauf haben Sie persönlich beim Erlernen von Coaching besonders geachtet?
Als Mediatorin habe ich mich aufgrund des persönlichen Interessenkonflikts innerhalb meiner Tätigkeit als Syndikusrechtsanwältin in der Arbeitgeber-/Führungskräfteberatung ausschließlich auf die One-Party-Mediation und einseitige Konfliktbegleitung fokussiert.
Durch die Coachingsausbildung hat sich mir eine neue, interessengerechte Perspektive für meine eigene anwaltliche Beratung im Unternehmenskontext geboten, ohne mich auf die klassische Konfliktbegleitung zu beschränken. Die Mediation erfordert Lösungsoffenheit der Konfliktparteien – im Coaching kann ich unabhängig hiervon, die von mir begleitete Person viel umfangreicher – vor allem auch in konfliktunabhängigen Entscheidungs- und Veränderungsprozessen - unterstützen.
Daher habe ich während meiner Ausbildung zunächst darauf geachtet, dass ich die zusätzliche Dienstleistung Coaching mit meiner Funktion als Syndikusrechtsanwältin verbinden und als zusätzliche Intervention niedrigschwellig anbieten kann. Hierdurch habe ich den Fokus sehr schnell auf Legal Coaching gelegt.
Zusätzlich war mir wichtig, eine international anerkannte und verbandangebundene Ausbildung zu durchlaufen, die mich gleichzeitig auf meinen beruflichen Start als Legal Coach vorbereitet.
In meinem persönlichen – stetig andauernden - Lernprozess ist mir besonders wichtig, meine persönliche Coachingidentität zu aktivieren und mich auf mein Gegenüber offen und neugierig einzustellen. Hierdurch kann ich die innere Scheu ablegen, meine eigene Komfortzone verlassen und stets Neues ausprobieren: Wer bin ich als Coach? Wie coache ich authentisch und schaffe den notwendigen vertrauensvollen und intuitiven Rahmen?
3. Was hat sich für Sie nach Ihrer Coachingausbildung in Ihrer juristischen Tätigkeit verändert? Welche Reaktionen haben Sie von Kollegen, Mitarbeitern und Klienten erhalten?
Meine Coachingausbildung hat sehr intensiv auf meine Haltung als Syndikusrechtsanwältin Einfluss genommen. Widerstände und Hindernisse im arbeitsrechtlichen Beratungsprozess begrüße ich heute als neue Chancen, denen mit Coaching begegnet werden kann.
Personen, die ich in einem Legal-Sachverhalt coache, gehen mit der Situation und den Auswirkungen ihrer Entscheidung viel selbstbewusster um. Eine heute entwickelte Lösung, ein heute erarbeitetes Ziel, macht aus heutiger Sicht aufgrund der persönlichen Berücksichtigung aller relevanten Punkte Sinn – dies bietet zusätzliche psychologische Sicherheit und damit die Basis für eine gesunde Fehlerkultur.
4. Wozu setzen Sie Coaching heute in Ihrer beruflichen Situation ein?
Mein berufliches Umfeld ist geprägt von strukturellen Veränderungen, unternehmerischen Organisationsentscheidungen, Kulturwandel, Prozessoptimierungen und veränderten Leistungsanforderungen.
Das Verlassen der Komfortzone in einem Umfeld, welches ursprünglich durch den öffentlichen Dienst geprägt ist, bedarf einer hohen Eigen-Motivation und glaubhaften Überzeugung durch die Führung.
In einem solchen Umfeld strapazieren rein (arbeits-)rechtliche Lösungen leicht das Vertrauen in den betroffenen Organisationen. Daher bietet sich im Zusammenhang mit Legal Coaching eine – aus meiner Sicht optimale – Möglichkeit, Personen mit unternehmerischer Verantwortung, wie z.B. Führungskräfte oder Projektverantwortliche, bei der Entwicklung einer persönlich-vertretbaren und gleichzeitig interessengerechten Lösung zu unterstützen.
5. Wie hoch schätzen Sie insgesamt die Relevanz von Coaching oder Coachingausbildungen für Juristen ein? Wie nehmen Sie die Entwicklungstendenzen wahr?
Die juristische Tätigkeit erfordert mehr denn je den Einfluss von Emotionen und Wirkungen einzubeziehen, um Mandanten nachhaltige Lösungen anbieten zu können. Coaching ist hierfür ein effektives Mittel und bietet dem juristischen Coach eine zusätzliche Betrachtungsmöglichkeit durch eine offenere Haltung dem Mandanten gegenüber.
Coaching für Juristen ist ein Angebot, das bereits in der juristischen Ausbildung durch seine Wirksamkeit positiv bereichert.
Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt deutlich den Bedarf nach einer empathischen Kommunikation in der juristischen Dienstleistung.
Ihr persönliches Fazit:
Legal Coaching als zusätzliches Angebot in der anwaltlichen Beratung ist für mich das entscheidende Puzzlestück, das Expertise mit Empathie verbindet und dabei hilft, Mandanten bei der Gestaltung ihrer persönlichen Ziele fokussiert und nachhaltig zu unterstützen.
Vielen herzlichen Dank.
Freuen Sie sich auf weitere (Legal) Coaches und lassen Sie sich inspirieren!
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