02.09.2020

Rezension: Martin Wohlrabe - Litigation-PR

Wie Krisenkommunikation im Gerichtssaal der Öffentlichkeit funktioniert

Der Herausgeber und Mitautor Martin Wohlrabe ist Rechtsanwalt, seit vielen Jahren Journalist und leitet die Krisen- und Litigation PR Agentur CONSILIUM Rechtskommunikation. Er hält einen Lehrauftag und engagiert sich in einschlägigen Berufsverbänden zum Thema. Ohne Frage verfügt er nicht nur selbst über eine hohe Expertise und Erfahrung beim Thema Litigation PR sondern um ein nicht weniger aussagekräftiges berufliches Netzwerk.

Kurz: Dieses Buch zum Thema Litigation PR war längst überfallig.

Der Herausgeber versammelt denn auch das "Who is who" an Expertise zum Thema in seinem Buch: Neben der LTO Chefredakteuerin Pia Lorenz und der Juristin und Journalistin Karin Matussek, Korrespondentin für Recht und Justiz der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomber News, die Richterin und Vorsitzende des Bayrischen Richtervereins Andrea Titz. Aus der Wirtschaft kommen Thomas Seger (Recht und Unternehmenskommunikation Ritter Sport), Jens-Oliver Voß (Kommunkation für das Vorstandsressort Compliance, Datenschutz, Recht und Konzernsicherheit der Deutschen Bahn), Dr. Thomas Middelhoff (ehemals Bertelsmann und Arcandor) und viele andere zu Wort.

In 23 Beiträgen, davon drei von Wohlrabe, werden die unterschiedlichen Perspektiven von Litigation PR ausgeleuchtet und Prozessdynamiken und Einflussfaktoren aufgezeigt.

Die Perspektive des Unternehmens und des direkt Betroffenen, des Sprechers, der Rechtsabteilung und der PR Agentur, der begleitenden Kanzlei, der Presse und Journalisten, aber auch der Justiz und der Öffentlichkeit. Allein die Perspektive der Kanzlei in eigener Sache beim Thema Litigation PR mag zu kurz kommen. Dies alles dargestellt mit einer Fülle von prominenten Fällen der letzten Jahrzehnte: keine Frage - die Autoren sind allesamt vom Fach und wissen, wie man Geschichten erzählt.

Die Kapitel schließen jeweils mit einer kleinen Liste von Sekundärliteratur sowie einer kurzen Vorstellung des Autors. Letzteres hätte besser dem Kapitel vorangestellt werden sollen, da es dem Leser ungemein hilft von Anfang an zu wissen, wer aus welcher Sicht und mit welcher Perspektive schreibt. Zumal auch die Kapitelübersicht nur den Namen des Autors, jedoch nicht seine Funktion beschreibt.

Ganz sicher ist Litigation PR ein komplexes und vielschichtiges Thema und mit den sehr verschiedenen Beiträgen in jeder Hinsicht besprochen.

Mehr Struktur und Übersichtlichkeit, grafische Darstellungen und Wegweiser könnten jedoch die Lesbarkeit und den Einstieg in das Thema verbessern.

Auch im Hinblick auf die sehr diverse Zielgruppe ("Anwälte, Sprecher und Manager" - wozu sicher auch PR Agenturen, Justiz und Interessierte gehören) hätte man sich mehr Hilfe bei der Handhabung des Buches gewünscht (Fahrplan/Hashtags?), um schnell zu den für den Leser relevanten Beiträgen zu gelangen - was im Buch im Übrigen auch sehr gut beschrieben ist. Und auch am Ende der interessanten Beiträge könnten kurze Zusammenfassungen, Checklisten (wie auf S. 132), Merksätze das Wesentliche noch stärker betonen und es dem interessierten Leser ermöglichen, das Thema sich selbst auch im Nachhinein besser zu erschließen und nachzubereiten.

Doch dies wären lediglich Handlings-Erleichterungen. Inhaltlich läßt das Buch keine Wünsche offen.

Auch Begleitthematiken wie Datenschutz, Compliance, Haftpflichtversicherungen bzw. D&O Versicherungen und der besondere Fall der InsolvenzPR werden angesprochen.

Spannend und topaktuell dann auch die Beiträge zur Rolle von Social Media und Online-Konsum, Verschlagwortung und SEO. und der Bedeutung von professioneller Positionierung im Vorfeld. Hier vor allem ein großes Kompliment an die LTO-Chefredakteurin Pia Lorenz, die es schafft, Bedeutung, Komplexität und Vielfalt des Themas gut verständlich, strukturiert und gleichzeitig fesselnd darzustellen. Perfekt ergänzt wird das Thema durch den Beitrag vom Journalisten Martin Müller (Wirtschafts- und Medienressort Redakteur SPIEGEL), wie ein Medienskandal entsteht und durch die Sozialen Medien angeheizt werden kann.

Litigation PR und Rechtskommunikation sind längst kein Insiderthema mehr. Das Buch gibt einen umfassenden aktuellen Überblick zum "Cover my ass" Thema und hält ein überzeugendes Plädoyer für Krisen-Prävention und die Bedeutung sorgfältiger interner Krisen-Kommunikation. Der Preis und das inkludierte eBook für dieses Fachbuch sind mehr als fair bemessen und in jedem Falle eine ebenso nachhaltige Investition in die Über-Lebensversicherung Ihrer Reputation.

Zum Schluss noch eine Auswahl meiner Lieblings-Zitate von den Meistern guter Schreibe:

"Nur weil etwas rechtlich korrekt ist, heißt es nicht, dass dies auch dem Verständnis von Fairness der breiten Öffentlichkeit entspricht." (Martin Wohlrabe, S.5)

"Wir denken alle vom Risiko her. Also der Frage: Wenn ich eine Aussage treffe, welche Konsequenzen sind damit verbunden?" (Jens-Oliver Voß, S.12)

"Entschlossen, visionär und bereit zu eigenwilligen, teils riskanten Entscheidungen - so ist das ideale Selbst- und Fremdverständnis von Mangerinnen und Mangern. Doch um ihren alltäglichen Aufgaben nachzukommen, brauchen sie vor allem eines: Vertrauen." (Lou Martine Siebert, S. 99)

"Nicht Geld ist es, was ein Unternehmen in der Krise verlieren kann. Sondern, viel wichtiger: Vertrauen." (Alan Hilburg, S. 7)

(Rezension: Dr. Geertje Tutschka, September 2020)

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Martin Wohlrabe (Hrsg.)

Litgation PR - 

Wie Krisenkommunikation im Gerichtssaal der Öffentlichkeit funktioniert

Springer Gabler, Fachbuch inkl. e-Book, 227 Seiten, Preis: 41,36 €

 

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