23.03.2020

Hackathon in Deutschland: Das sind die wichtigsten juristischen Trends und Fragen der StartUps, Unternehmen und Projektteams in der Corona-Krise - Ein Ruck von BLAU/ORANGE nach GRÜN/GELB nach den Spiral Dynamics! (Teil1)

#WirvsVirus: Im größten Hackathon weltweit steckten 45.000 auf Slack die Köpfe zusammen und entwickelten Ideen, Projekte, Prototypen. Wir von CLP waren dabei, um ehrenamtlich zu unterstützen, an Legal Tech Produkten mitzuarbeiten aber auch, um für den juristischen Markt die relevantesten Trends und Fragen der StartUps und Unternehmen mitzubringen.

Der größte internationale online Hackathon der Geschichte, so Kanzleramtsminister Helge Braun, der als Schirmherr fungierte, wurde am vergangenen Wochenende ausgerechnet von der Bundesregierung veranstaltet - sowie einigen ambitionierten Initiativen wie „Code for Germany“ und „Project Together“.

Nach einem ersten Hackathon in Estland am Wochenende zuvor hatte sich ein kleines Team von drei Nerds entschlossen: "Das können wir in Deutschland auch; nein - das brauchen wir in Deutschland auch!"

Das war am Montag nach dem Hackathon in Estland und damit vier Tage vor dem Start des Hackathons in Deutschland.

Ein Hackathon ist ein Design- und Programmierwettbewerb, bei dem Teilnehmer innerhalb weniger Tage versuchen, Aufgaben zu lösen. Der vor allem in der Tech-Welt beliebte Treff soll dazu dienen, gemeinsam an Soft- und Hardwarelösungen zu arbeiten, kreative Ideen und Apps zu entwickeln, aber auch Lösungen für bestimmte Probleme zu finden.

Bis Freitagmittag sollten alle Bundesbürger ihre "Herausforderungen in der CoronaKrise" einreichen, also  Lösungsanfragen aus den Bereichen Information, Gesundheit, Familie und Soziales sowie Versorgung. Inspirieren lassen sollte man sich dabei auch durch Gespräche – am besten derzeit telefonisch oder per Videochat – mit Familie und Freunden.

In Estland hatten über 860 Menschen an 96 zuvor eingereichten Ideen gearbeitet. Mit dabei waren etwa eine App zur Verwaltung von täglichen Routinen während einer Ausgangssperre und eine Plattform, auf der sich Lehrer und Schüler zum Online-Lernen verabreden können.

In Deutschland reichte sogar die Bundesregierung selbst Probleme ein, die durch die Corona-Krise entstehen und für die Lösungen entwickelt werden sollten.

Die Organisatoren identifizierten die vielversprechendsten Vorschläge und sortierten sie bis Freitag Abend in Kategorien. Die Themen waren vielfältig: Es ging etwa um die Verteilung von Hilfsmitteln, Nachbarschaftsunterstützung, die Erfassung und Übermittlung neuer Infektionsfälle, die psychische Gesundheit der Menschen in der Krise oder die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Ein globales Online-Register für Beatmungsgeräte, digitale Einkaufsdienste für Erkrankte und Menschen in Quarantäne oder elektronische Kulturangebote waren gefragt. Themen waren aber auch: Wie lassen sich Krankenhausbetten zuteilen oder Infektionsketten verfolgen, wie können Corona-Tests organisiert werden, wie lassen sich Erntehelfer für Bauern finden und Helfer, die Nahrungsmittel zu Obdachlosen bringen? Im Start-up-Sprech heißen diese vertrackten Probleme euphemistisch "Challenges" - Herausforderungen.

Diese Challenges sollten in nur 48 Stunden gelöst werden.

"Als am Mittwoch Abend sich mit vielen Aufrufen in den Medien ca. 1.000 Nerds angemeldet hatten für das Wochenende, feierte das bis dahin auf 17 Personen angewachsene Orga-Team 2 Tage nach der Idee und vor dem Start seinen Erfolg", so Christina vom Orga-Team. "Da ahnten wir noch nicht, was in den nächsten 24 Stunden passieren würde."

Die Anmeldungen explodierten am Donnerstag auf 42.968 Teilnehmer. Hinzu kamen 2.922 Mentoren und über 500 Unternehmen - neben CLP auch Amazon, Microsoft und IBM - , die mit KnowHow den Entwicklerteams ehrenamtlich zur Verfügung stehen wollten.

So wie CLP fungierte u.a. auch Dorothea Bähr, seit März 2018 Staatsministerin für Digitales, als Mentorin.

"Ihr wollt in der Corona-Krise nicht tatenlos zusehen sondern mithelfen? Lasst uns gemeinsam Ideen für die Corona-Herausforderungen entwickeln. Beteiligt Euch am #WirVSVirus – Hackathon der Bundesregierung vom 20.-22.3. Freue mich Mentorin zu sein." twitterte sie.

Trotz Aufstocken des Orga-Teams mit Freunden und Familie auf 70 und später auf 100 kristallisierte sich am Donnerstag Abend das erste technische Problem heraus: Die Team-Kommunikaitonsplattform SLACK, auf der die ca. 45.000 Teilnehmer miteinander online 48 Stunden ununterbrochen arbeiten sollten, ließ nur 2.000 Teilnehmer auf einmal zu.

"Adding 40,000 all at once to a single instance seems like … a bad idea :)" - der Smiley am Ende der Nachricht von Steward Butterfield, Techniker bei SLACK, konnte aus der Nachricht, dass die Zusammenarbeit von 40.000 Teilnehmer auf der Slack Plattform keine gute Idee ist, keine Gute machen.

Das Orga-Team gab nicht auf: hundert mal Zehnfinger klickerten die über 40.000 Teilnehmer in einer Nachtschicht von Donnerstag auf Freitag händisch ein. Aber das war nicht die einzige Nachtschicht, wie sich herausstellen sollte.

"In einer verrückten Nachtschicht haben wir aus den eingereichten 1989 Lösungsanfragen in der nächsten Nacht von Freitag auf Samstag mit 30 Freiwilligen auf die 588 relevantesten und diese in mindestens 48 Herausforderungen eingegrenzt." so Christina vom Orga - Team weiter.

Dabei lief am Freitag bereits die online-Zusammenstellung der Teams, die von dem Teil der Mentoren, die zudem als Moderatoren zur Verfügung standen, organisiert worden ist. Zusätzlich mußten viele Teilnehmer noch bei technischen Problemem, Zugangsproblemen und Orientierungsproblemen unterstützt werden. Das Orga-Team blieb cool. Mit verschiedenen Slacks und Threads, ExcellTabellen und Anweisungen sowie der Alternativ-Plattform DevPost sortierten und strukturierten sie bis Samstag Morgen die Teilnehmer.

Hier gehts zum WilkommensVideo.

Und das waren die Top-Challenges:

#1_001_lebensmittel-matching
#1_002_tauschplattform
#1_003_arbeiterinnenverteilung
#1_004_verteilungvonhelferinnen
#1_005_hilfsmittelverteilung
#1_006_medizingerätherstellung
#1_007_e-kinderbetreuung_archiv
#1_008_corona_tracking
#1_009_e-anträge
#1_010_analogeunterstützung
#1_011_infektionsfallübermittlung
#1_012_socialdistancing
#1_013_tafel_reorganisation
#1_014_vulnerablegruppen
#1_015_esport
#1_016_lokale_unternehmen
#1_017_c_supermarktstatus
#1_018_mental_health
#1_019_e-learning
#1_020_corona-testprozesse
#1_021_krisenkommunikation
#1_022_kreativeberufe
#1_023_generellekommunikation
#1_024_krankenhäuser
#1_025_kulturangebote
#1_026_homeoffice
#1_027_patientenaustausch
#1_028_kreativer_gesundheitsschutz
#1_029_landwirtschaft
#1_030_gefährdete_personen
#1_031_digitalkrankheits-anamnese
#1_032_krisenbewaltigung
#1_033_lebensnotwendigensituationen
#1_034_nachbarschaftshilfe
#1_035_gesellschaftlichefragen
#1_036_grenzkontrollen
#1_037_öffentlicheverwaltung
#1_038_daten
#1_039_staatlichekommunikation
#1_040_medizinischespersonal
#1_041_forschung
#1_042_rechtlichefragen
#1_043_medizinischeversorgung
#1_044_flattenthecurve
#1_045_haustiere
#1_046_gamification
#1_047_wirtschaftlicheauswirkungen
#1_048_finanzielleunterstützung

Der Samstag startete wie der Freitag: mit Verspätung.

Das Begüßungs-Video um 10 Uhr gab die letzten Instruktionen. Dabei hatten einige der Teams bereits in der Nacht angefangen zu arbeiten. Die Energie auf auf 200 %. Neben SLACK liefen die Chats, Threads und Stories parallel auf Twitter, DevPost und LinkedIn heiß. Zoom unterstützte die Teams in ihren Video-Besprechungen. Das Youtube-Video am Abend schloss mit dem Aufruf, um 21.00 Uhr kurz die Arbeit zu unterbrechen, um zusammen allen Ärzten, Pflegern und Hilfskräften mit Klatschen zu danken. Über 800 der Teilnehmer fanden am Sonntag noch Zeit in der Pause "#Wir bleiben für Euch zu Hause" zu unterstützen und schickten ihre Fotos in den SLACK. Dabei ging es bereits ab 18.00 Uhr ins Finale. Mit einer fulminanten online-Abschlussparty wurde der Schlusspunkt unter die Pitches und Präsentationen gesetzt, die über den Tag fertig gestellt und eingereicht worden waren. Hier finden Sie die Zusammenstellung der Projekte. Zum Abschluss gab es die Premiere des eigens komponierten #WirvsVirus Hackathon Song (hier anhören).

Wir unterstützten u.a. bei der Wahl der Rechtsform und der Gründung von Vereinen, natürlich bei Datenschutz und Impressum, bei Haftungsminimierungen für soziale online Dienste aber auch in der Abgrenzung zu Ethik und Verhaltensrichtlinien oder beispielsweise auch LegalTech Startups wie CoronaLaw, die einen niederschwelligen Zugang zum Recht ermöglichen sollten.

Die Lösungen werden nun in dieser Woche einem breiten Publikum unter dem Hashtag #WirvsVirus bzw. #WirvsVirusHack vorgestellt. Die besten werden untersützt und weiter begleitet. SLACK wird weiter offen gelassen und die Teams arbeiten weiter.

Der weltgrößte Hackathon ging gestern zwar zu Ende - war jedoch erst der Anfang.

Der Anfang einer Bewegung.

 

Wohlgemerkt:

der Hackthon fand mit einem organisatorischen Vorlauf von 4 Tagen in Deutschland online mit den hier vorhandenen technischen und intellektuellen Ressourcen und zwar ohne großes Budget statt

  • der Altersdurchschnitt der Teilnehmer lag deutlich unter 40
  • es waren unterschiedlichste Menschen am Sart (alt-jung; weiblich-männlich; deutsch-nicht-deutsch...)
  • deren Qualifikation und Persönlichkeit zuvor nicht durch einen HR Professional sorgfältig geprüft worden ist
  • agiles Arbeiten und "new Work" fanden einfach statt und entsprachen einem unbedingten Bedürfnis aller Beteiligten ohne Anleitung, Trainings oder Berater (keine Hierachien, Selbstorganisation, unterschiedliche Berufe in den Teams)
  • das Ganze ohne klassiche, will sagen monetäre und wirtschaftliche Anreize und
  • ohne ausgefeiltes rechtliches, datenschutzrelevantes, ethisches Korsett (die Teilnehmer verpflichteten sich lediglich dem Leitfaden, dem sogenannten Hack Code of Conduct)

Wer wie wir in der Unternehmens- und Managementberatung tätig ist und mit den Spiral Dynamics vertraut ist und die Erfahrungen des "Wirtschaftsweisen" Peter Drucker in Bezug auf Organisationsstrukturen, Leadership und Wirtschaftlichkeit von NGO kennt, erlebte am vergangenen Wochenende eine Offenbarung:

Corona und drei ambitionierte Nerds katapultierten Deutschland aus ROT-BLAU-ORANGEN Strukuren irgendwie, irgendwo nach GELB-TÜRKIS und zwar mit den Jahrgängen der 20er, 30er und 40er - zumindest für 48 Stunden.

Greta Thunberg und die Fridays for Future Bewegung der unter 20 jährigen arbeitet sich seit Monaten für das Klima in GRÜN ab - gegen viel Häme (zuletzt aus dem Karneval im Februar) und Widerstand der älteren Generationen. Sie haben vorbereitet und erst ermöglicht, was am vergangenen Wochenende dann endlich passiert ist.

Und die Bundesreigerung hat es ermöglicht: DANKE an dieses diverse Team von Visionären!

DANKE an alle 50/60/70jährigen, die sich entschieden haben, nicht mehr zu verhindern, sondern zu ermöglichen!

DANKE, dass wir als Mentoren und Unternehmen ein Teil davon sein durften.

#WirvsVirus

 

Dr. Geertje Tutschka, PCC

und das Team von CLP - Consulting for Legal Professionals

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