CLP Interviewreihe: Dr. Inge Rötlich

Wie können Juristen von einer Coachingausbildung profitieren?
Und wo genau kommt (Legal) Coaching in der juristischen Praxis zum Einsatz?
Dr. Inge Rötlich, Fachanwältin, Datenschutzbeauftragte sowie Business und Sport Mental Coach berichtet darüber im Interview bei CLP.

Dr. Inge Rötlich ist promovierte Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht, Tüv-zertifizierte Datenschutzbeauftragte und Datenschutzauditorin, zertifizierter Personal- und Business Coach (dvct) und Sport-Mental-Coach (von-Kunhardt-Akademie), und mit eigener Kanzlei und dem Unternehmen Columbus Consulting als externe Datenschutzbeauftragte tätig. Parallel begleitet sie mit ihrem Unternehmen Mountain Coaching Menschen auf anspruchsvollen Wanderungen, z. B. Alpenüberquerungen – mit dem Ziel, mentale Stärke, Resilienz und Orientierung nicht nur in den Bergen, sondern auch im Berufsleben zu fördern.

Coaching, Compliance und Kompass – das ist ihr Dreiklang, beruflich wie privat.

1.Wann haben Sie sich zum ersten Mal mit Coaching beschäftigt und warum? Was hat Sie daran besonders fasziniert?

Der Einstieg kam über meine Führungserfahrung in der Unternehmenswelt: Ich habe früh gespürt, daß Fachwissen und guter Wille allein nicht genügt, wenn Menschen sich oder andere führen wollen. Coaching bot mir einen Ansatz, der nicht nur analysiert, sondern Potentiale erkennt und umsetzt – respektvoll, auf Augenhöhe und mit nachhaltiger Wirkung. Besonders faszinierend fand ich die Verbindung von Klarheit und Empathie im Coachingprozeß.

2. Worauf haben Sie persönlich beim Erlernen von Coaching besonders geachtet?

Wichtig war mir eine fundierte und wertebasierte Ausbildung, die Praxisnähe mit Tiefgang verbindet. Ich habe Wert auf ein methodenübergreifendes Verständnis gelegt – von systemischer Haltung bis lösungsorientiertem Arbeiten – und auf ethische Standards, wie sie z. B. auch in meinem juristischen Berufsverständnis selbstverständlich sind. Akademische und wissenschaftliche Hintergründe sind für mich wichtig, weil ich verstehen will, warum etwas wie funktioniert.

3. Was hat sich für Sie nach Ihrer Coachingausbildung in Ihrer juristischen Tätigkeit verändert? Welche Reaktionen haben Sie von Kollegen, Mitarbeitern und Klienten erhalten?

Meine juristische Beratung ist seitdem deutlich ganzheitlicher geworden: Ich sehe nicht nur Verträge und Gesetze, sondern auch Dynamiken, Bedürfnisse und Blockaden. Gerade im Datenschutz oder bei der Einführung von KI erlebe ich oft Widerstände – Coaching hilft mir, diese konstruktiv aufzulösen. Die Rückmeldungen reichen von „endlich jemand, der uns wirklich zuhört“ bis hin zu „mit Ihnen fühlt sich Datenschutz plötzlich menschlich an“, oder „endlich mal ein Jurist, den man versteht“. Nachdem ich 15 Jahre lang ausschließlich im Prozeßrecht unterwegs war, habe ich – veranlaßt auch durch meine Coaching-Ausbildung – meine berufliche Tätigkeit verändert: ich bin aus dem „normalen“ Anwaltsbereich ausgestiegen, weil ich nicht mehr jeden Tag Krieg im Gerichtssaal führen wollte, hin zur Beratung im Datenschutz. Das macht deutlich mehr Spaß, juristische Kenntnisse und anwaltliche Erfahrung kommen bei unseren mittelständischen Unternehmen sehr gut an, und ich habe das Gefühl, ganz anders, vor allem selbstbestimmt arbeiten zu können, nicht getrieben von ständigen Gerichtsterminen. Und ich bin selbst achtsamer geworden – mit Sprache, mit Konfliktdynamiken und mit meinen Klienten.

4. Wozu setzen Sie Coaching heute in Ihrer beruflichen Situation ein?

Ich nutze Coaching in alltäglichen Gesprächen bei Kunden, aber vor allem auch auf dem Berg. Ob in der Organisation oder in der Natur – Coaching hilft, Menschen in Veränderungsprozessen zu stärken, Klarheit zu schaffen und Vertrauen aufzubauen. Im Outdoor-Setting zeigt sich besonders deutlich, wie mentale Stärke und Selbstführung auch unter Druck trainierbar sind.

5.  Wie hoch schätzen Sie insgesamt die Relevanz von Coaching oder Coachingausbildungen für Juristen ein? Wie nehmen Sie die Entwicklungstendenzen wahr?

Enorm hoch. Juristinnen und Juristen sind oft hervorragende Analytiker – aber in komplexen, von Unsicherheit geprägten Kontexten reicht das nicht. Coachingkompetenz hilft, Kommunikationsbrücken zu bauen und neue Perspektiven zuzulassen. Ich sehe eine wachsende Offenheit in der Branche – gerade dort, wo Recht auf Digitalisierung, Ethik oder Führung trifft.

Ihr persönliches Fazit:

Coaching ist für mich ein Kompaß und ein integraler Bestandteil verantwortungsvoller Berufs- und Lebensführung – im dichten Nebel von Anforderungen, Entscheidungen und Lebensentwürfen. Es hilft, in stürmischen Zeiten inneren Halt zu finden – sei es auf dem juristischen Parkett, im Unternehmen oder am Gipfelgrat. In der Natur wie im Büro gilt: Wer sich bewegt, bewegt was.

Vielen herzlichen Dank.

Freuen Sie sich auf weitere (Legal) Coaches und lassen Sie sich inspirieren!

Mehr zu Inge Rötlich finden Sie hier:

www.roetlich.de

www.columbus-consulting.eu

www.mountain-coaching.eu

https://www.linkedin.com/in/dr-inge-r%C3%B6tlich-362981304/