19.11.2020

Interview: Anna Murk, Deutschland

CLP begleitet seit Jahren Kolleginnen und Kollegen aus sehr unterschiedlichen Bereichen der Rechtsbranche auf ihrem beruflichen Weg zum Erfolg. In dieser dritten Interviewreihe wird es darum gehen, wie vielfältig sich Anwaltspersönlichkeiten aus ganz Europa in und neben ihrem Beruf engagieren. Und natürlich haben wir Sie auch wieder nach ihrem ganz persönlichen Erfolgsgeheimnis gefragt!

Die CLP - Interviewreihe geht in die dritte Runde: Nach der Expertenrunde sowie den Legal-Coaches geht es nun in erster Linie um besonderes Engagement in und neben dem Anwaltsberuf. Einige von ihnen sind für dieses Engagement bereits mit Preisen geehrt worden; in jedem Falle aber sind alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Kreis sehr erfolgreich in dem, was sie tun. Das mag an der mitreißenden Leidenschaft liegen, mit der sie sich für ihre Sache engagieren. Oder an ihrem persönlichen Erfolgsrezept, was sie uns jeweils am Ende verraten.

Frau Murk, darf ich Sie bitten, sich selbst kurz vorzustellen?

Mein Name ist Anna Murk, ich bin Wirtschaftsjuristin und bin im Compliance-Bereich tätig. Nachdem ich in einem Universitätsklinikum mit ca. 7000 Mitarbeitern überaus nützliche praktische Erfahrungen sammeln durfte, holte mich meine Wissbegierde ein, fing ein Magisterstudium im Europäischen Recht an und machte mich währenddessen selbstständig.

Seither biete ich nun Schulungen bzw. Seminare, Unternehmensberatungen und ein externes Compliance-Management an. Ich arbeite sehr innovativ und anwenderorientiert, verwende die Methode des Legal Design Thinkings und konzipierte auch schon Legal Tech Tools, die nunmehr von tausenden Mitarbeitern täglich verwendet werden.

Mein Schwerpunkt liegt dabei stets auf derjenigen Zielgruppe, die am häufigsten mit der Einhaltung und Umsetzung rechtlicher Anforderungen in Unternehmen konfrontiert wird: aber dennoch meist nicht ausreichend im Fokus steht: Nichtjuristen. Für sie müssen theoretische Anforderungen so gestaltet und kommuniziert werden, dass sie auch tatsächlich bei ihnen ankommen, von ihnen verstanden und in die Praxis umgesetzt werden können.

Ich wohne zusammen mit meiner Berner Sennenhündin „Sola“ in Würzburg. Sie hilft mir immer wieder dabei, meinen Kopf freizubekommen, neue Energie zu tanken und bringt mich sogar indirekt auf Ideen wie „Legal Layman“. Als ich nämlich gerade dabei war, den Fußboden von ihren Haaren zu befreien, traf mich diese Idee wie ein Blitzschlag. Ich recherchierte sofort, ob ein ähnliches Konzept schon existiert und als ich merkte, dass das nicht der Fall ist, wusste ich: „Okay Anna, dann musst du halt selbst ran.“

1. Was bedeutet es für Sie, „Legal Layman“ zu starten neben Ihrer juristischen Tätigkeit?

„Legal Layman“ ist eine juristische Zeitschrift für Nichtjuristen, in der wir aktuelle Themen und komplexe Materien aus dem Rechtsbereich einfach und verständlich erklären wollen. Es geht also auch hier darum, rechtliche Anforderungen und Hintergründe so zu gestalten und zu kommunizieren, dass sie jeder verstehen kann. Ich sehe meine berufliche Tätigkeit daher nicht getrennt von „Legal Layman“, sondern vielmehr als perfekte Symbiose.

Das, was ich sonst in Unternehmen mache, kann ich nun auch innerhalb der Bevölkerung machen. Ich schaffe einen angemessenen Zugang zu juristischem Wissen für diejenigen, die keinen rechtlichen Bildungshintergrund haben - denn immerhin werden Gesetze nicht nur für Jurist*innen gemacht, sondern für alle.

2. Wann haben Sie sich zum ersten Mal damit beschäftigt und warum?

Aufgrund meiner Tätigkeit im Compliance-Bereich beschäftige ich mich schon seit Jahren mit der „Übersetzung“ juristischer Fachsprache für Nichtjuristen. Der ausschlaggebende Punkt für eine wesentlich intensivere Fokussierung dieser Thematik erfolgte allerdings im Rahmen eines Seminars:

Ich hielt damals einen Vortrag über Arzthaftungsrecht für Medizinstudierende, die kurz vor ihrem zweiten Examen standen. Irgendwann stellte mir eine Medizinerin die unglaublich gute Frage, wie man denn eigentlich Paragrafen liest und zitiert. Ich hatte dann in die Runde gefragt, wer es denn könne. Niemand meldete sich.

Da saßen also ca. 30 enorm schlaue Leute vor mir, die teilweise Operationen durchführen können, aber nicht wissen, wie man Paragrafen liest und zitiert. Ich war erst einmal dagestanden und konnte gar nicht fassen, wie betriebsblind selbst ich doch bin – und das obwohl ich mich ohnehin schon immer um eine zielgruppenspezifische Kommunikation bemüht hatte.

Aber das sind genau die Schockmomente, die man braucht, um in Zukunft bessere Arbeit leisten zu können. Es besteht enorm viel Aufklärungsbedarf und Jurist*innen dürfen so viel weniger rechtliches Wissen als selbstverständlich voraussetzen, als sie es tun.

3. Wie teilen Sie heute Ihre Arbeit zwischen Beruf und Engagement auf?

Da wir aktuell noch in Hochtouren an der Erstellung der ersten Ausgabe von Legal Layman sitzen, bleibt nicht viel Zeit für meine klassischen beruflichen Termine. Das ist aber in Ordnung, da es sich bei der Zeitschrift ebenfalls um eine Herzensangelegenheit von mir handelt. Diese Zeit investiere ich sehr gerne.

Sobald die Zeitschrift im Oktober erstmals veröffentlicht wird, geht es dann aber auch gleich wieder weiter mit anderen, spannenden Projekten, die dem Konzept von Legal Layman gar nicht so unähnlich sind. Von daher sammle ich überall Erfahrungen und Eindrücke, von denen der jeweils andere Tätigkeitsbereich profitieren kann.

4. Wer sind Ihre Leser?

Die Zeitschrift richtet sich an interessierte Nichtjuristen. Mit Nichtjuristen sind aber nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmer gemeint. Wir möchten diejenigen ansprechen, denen Informationen in den gängigen Massenmedien nicht ausreichen, sich gleichzeitig aber auch keine juristische Fachzeitschrift kaufen würden. In der Zeitschrift legen wir inhaltlich zudem sehr viel Wert auf Innovation und etwas „frischeren Wind“.

5. Welche Rolle spielt es für Sie, sich als Juristin zu engagieren?

Für mich bedeutet das, meiner Intuition zu folgen und meine Ideale zu verwirklichen. Ich brenne dafür und bin fest der Überzeugung, dass eine anwenderorientierte Kommunikation die Zukunft ist. Es wird immer öfter interdisziplinär zusammengearbeitet werden müssen, um adäquate Lösungen für Probleme zu finden. Dazu ist es aber notwendig, Informationen verständlich zu kommunizieren, ansonsten reden alle nur aneinander vorbei.

Viele Bereiche haben eine laienfreundliche Wissensvermittlung schon salonfähig gemacht. Insbesondere Naturwissenschaften sind darin sehr stark, wie z.B. die theoretische Physik oder die Neurowissenschaften. Wir Juristen hinken jedoch noch vollkommen hinterher. Das muss sich ändern! Und ich möchte gerne den Teil dazu beitragen, den ich beitragen kann. Ich möchte Aufklärungsarbeit leisten, möchte mehr Köpfe zum Mitdenken anregen und möchte so den Weg für bessere und innovativere Lösungen ebnen.

6. Wer unterstützt Sie dabei bzw. mit arbeiten Sie dabei am Liebsten zusammen?

Mittlerweile sind wir ein kleines, junges Team aus Jurist*innen, die alle sehr innovativ und idealistisch denken. Dazu gehören:

Justin Völkel, Wirtschaftsjurist und Legal Engineer, ist ein ehemaliger Kommilitone von mir, mit dem ich schon seit Jahren an einem Strang ziehe. Justin ist technisch absolut affin, hat die Begabung, unfassbar schnell neue Herausforderungen zu meistern, ist höchst zuverlässig und schon ab dem ersten Tag mit im Boot.

Lina Krawietz, Co-Founder von „This is Legal Design“, ist ebenso ab Tag 1 schon mit dabei. Lina ist eine absolut inspirierende und starke Persönlichkeit, die meiner Meinung nach den rechtlich-innovativen Bereich regelrecht prägt und nie stehen bleibt. Ich schätze sie nicht nur für ihre Tätigkeit als LegalDesignerin, sondern auch als Menschen enorm.

Dr. Benedikt Quarch, M.A., Co-Founder und Managing Director der “RightNow Group”, ist für mich das Paradebeispiel eines fachlich überaus brillanten Juristen, der sich nicht für die klassischen, sondern für innovative Berufswege entschieden hat. Benedikt ist eine absolute Bereicherung für jedes Team!

Bei diesen sensationellen Leuten ist es mir daher unmöglich zu sagen, mit wem ich am liebsten zusammenarbeite. Ich bin für jede einzelne Person von ihnen wahnsinnig dankbar und freue mich darüber, dass sie meine Idee unterstützen!

7. Ihr ganz persönlicher Erfolgstipp:

„Nimm dich selbst mal nicht so ernst“ und „Sei du selbst“.

Das hört sich anfangs erst einmal etwas kontrovers an. Tatsächlich ist das eine für das andere aber sehr hilfreich. Denn es gibt keinen Menschen auf dieser Welt, der dich so ernst nimmt, wie du dich selbst.

Man macht sich immer so viele Sorgen, was andere Personen über einen denken könnten. Dabei denken andere gar nicht so sehr über dich nach, wie du vermutest. Das beruhigt ungemein und gibt einem die Gelassenheit, Dinge einfach mal so zu machen, wie man sie selbst für richtig und für wichtig hält.

Vielen herzlichen Dank.

Freuen Sie sich auf weitere außergewöhnlichen Persönlichkeiten und lassen Sie sich inspirieren!

Weitere Interviews finden Sie hier.

Und hier finden Sie Anna Murk:

www.annamurk.de

www.legallayman.de

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